Plenarsitzungen

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Plenarsitzungen am Vormittag

In den Plenarsitzungen am Vormittag wurden Ankündigungen, Weltnachrichten und kurze Präsentationen von TeilnehmerInnen behandelt und gezeigt, die in schwierigen und bedrohlichen Situationen zu gewaltfreiem Aktivismus kamen.

Serdar Tekin von der Izmir War Resisters' Association beschrieb, wie er und Kriegsgegner Osmat Murat Ülke Anfang der 90er eines Abends an einem Tisch saßen und eine Strategie zum Widerstand gegen den Militarismus in der Türkei ausarbeiteten. "Wir dachten, wir seien die einzigen in diesem Land. Wir sind sehr isoliert aufgrund der sehr militaristischen und authoritären Gesellschaft."

Die Gruppe setzte sich 1992 zum ersten Mal mit der WRI in Verbindung und fanden bald sehr wichtige internationale Kontakte zu anderen KriegsdienstgegnerInnen-Bewegungen, einschließlich der in Griechenland (dem traditionellen Feind des Staates Türkei). Antimilitaristen in Izmir, Istanbul und anderen Städten sahen sich bald offizieller Verfolgung und Verhaftungen gegenüber als Ossi offiziell das Wehrdienstgesetz herausforderte, indem er öffentlich seine Einberufungspapiere verbrannte - eine lange Reihe von Gerichtsverfahren und Freilassungen und Wiederverhaftungen begann. Die internationale Unterstützung war einer der Hauptfaktoren bei der Aufrechterhaltung der Moral, sowohl für Ossi als auch für seine Unterstützer. "Wir waren die ganze Zeit über nicht alleine. Wir fühlten uns wirklich in ein Netzwerk internationaler Solidarität eingebunden."

Yeni Damayanti beschrieb, wie aus Studentenkreisen in Indosien Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre eine Oppositionskultur entstand. "Wir versuchten, die Angstkultur aufzubrechen und die Leute besser zu informieren. Deshalb haben wir öffentliche Demonstrationen veranstaltet. Normalerweise nahmen wir Faälle von Landstreitigkeiten zum Anlaß, da so viele Bauern von ihrem Land vertrieben wurden, um Projekte - wie Golfplätze und Chemiefabriken - durchzuführen."

"Wir hielten die Demonstrationen öffentlich, waren aber sehr vorsichtig dabei. In unterschiedlichen Orten war die Gefahr unterschiedlich groß. DieDemonstration, die mich ins Gefängnis brachte, fand im Dezember 1994 statt. Da hatten wir uns irgendwie verrechnet. Wir standen vor dem Parlamentsgebäude und forderten, daß Suharto vor Gericht gestellt würde und das Militär aufhören sollte, Streitkräfte gegen Zivilisten einzusetzen. Wir forderten auch die Auflösung der außergerichtlichen Militätorgane. Dann kam das Militär."

Yeni wurde für ein Jahr eingesperrt. "Wenn man in Indonesien Aktivist ist, akzeptiert man, daß man mit einem Bein bereits im Gefängnis steht.." Sie lebte nach ihrer Haftentlassung drei Jahre im Exil und kehrte bald nach dem Sturz Suhartos nach Indonesien zurück.

Xhelal Svecla, ein Student der Zahnmedizin bei der UPSUP Health Commission in Prishtina (Kosovo) beschreib, wie er Aktivist wurde, nachdem er "versucht hatte, ein normales Leben zu führen .... die Augen zu schließen und zu denken, daß schon irgendjemand sich der Situation annehmen würde."

"Aber die Situation erreichte ein Stadium, wo man nicht länger nur den Fernseher ausschalten konnte, um sie nicht wahrzunehmen. Ich trat in die Studentengewerkschaft ein, nachdem ich sah, daß ich selbst etwas tun mußte, um meinen Leuten zu helfen, unsere sie und mich täglich zerstörende Lage zu verändern. Jetzt, da Krieg ist, gibt es meiner Meinung nach nicht viel Raum und Mittel für unseren gewaltfreien Kampf. Viele Leute Fragen uns, warum der gewaltfreie Kampf nicht funktionierte, und ich weiß selbst darauf keine Antwort."

"Ich hoffe, daß eine Zeit kommen wird, in der niemand auf der Welt den Fernsehapparat ausschaltet, wenn der Kosovo gezeigt wird, sondern jeder seine/ihre Stimme erhebt, um dieses Blutvergießen zu beenden und Gespräche zwischen den zwei Nationen zu beginnen - dem serbischen Regime (der Hauptschuldige) und der entsprechenden albanischen Seite - und ein für alle Mal diesen Völkermord im Kosovo zu beenden.".

Diane Rizek/Shaloufi stammt aus einer palästinensischen Familie aus Nazareth. "1948 wurde Israel Realität. Viele Palästinenser flüchteten wegen des Krieges in diesem Jahr oder wurden vertrieben. Eine Apartheidpolitik wurde eingeführt. Bauer verloren ihr Land. Unsere Geschichtsbücher wurden so verfaßt, daß der Haß gegen meinVolk gefördert wurde."

"Ich wurde während meiner Studienzeit zur Aktivisting. Der Haß wurde immer stärker in mir. Ich wollte das nicht, deshalb mußte ich etwas dagegen unternehmen. Nach unserer Heirat gingen mein Mann und ich nach Neve Shalom/Wahat al-Salaam, um die Geschichte darüber, wie die Leute in diesem Land zusammenleben, neu zu schreiben."

"Als gemischte Gesellschaft haben wir eine Menge Probleme. Aber wir versuchen, unsere Kinder - und die der umliegenden Dörfer - zu lehren, daß sie sich gegenseitig als gleichwertig betrachten sollen."

"Jetzt werden wir als ein Experiment angesehen. Viele Leute kommen und besuchen uns. Sie nehmen an unseren Workshops und Ausbildungskursen teil. Es kommen auch Lehrer - sogar aus dem Ausland (wie Griechenland und Kroatien), die lernen wollen, wie man mit den Kulturen und unterschiedlichen Sprachen umgeht; wie man mit all diesen Problemen umgeht. "

Auszüge aus Notizen von Howard Clark, Ellen Elster und Judith Pasternak

Gemeinsam für Frieden

Vesna Terselic von ARK begrüßte die TeilnehmerInnen an der Dreijahreskonferenz und betonte die Schwierigkeiten, die die TeilnehmerInnen aus der Bundesrepublik Jugoslawien (Montenegro und Serbien, einschließlich der Vojvodina und dem Kosove) hatten. "Der Krieg im Kosovo wird stärker, und die humanitäre Krise hat bereits begonnen, aber die kroatischen Behörden haben den Leuten, die für den Frieden arbeiten und uns über die "andere Seite" des Konflikts informieren könnten, keine Visa erteilt."

Vesna erzählte den TeilnehmerInnen, daß eine der geladenen Teilnehmerinnen (eine Menschenrechtlerin aus dem Kosovo) wenige Tage vor der Konferenz schwer verwundet wurde, als das Fahrzeug, in dem sie saß, auf eine Landmine fuhr.

Der afroamerikanische Friedensaktivist Greg Payton sprach von seinem langen Weg vom Wehrpflichtigen über entlassenen Veteran zum Antikriegs-Organisator. "In den nächsten Tage werde ich mit Leuten aus Kroatien und Bosnien sprechen, die ein Kriegstraume haben, wie ich. Ich hoffe, daß ich einige der inneren Spannungen lösen kann, an denen viele Leute leiden, wenn ich über meine eigenen Erfahrungen spreche. Eine Möglichkeit, darüber hinwegzukommen, ist, über den Krieg zu sprechen.

"In nur 8 Wochen Grundausbildung wurde ich von einem Menschen zu einer Tötungsmaschine gemacht. Es war ein Prozeß der Entmenschlichung." 1967 sandte man ihn nach Vietnam.

"Rassismus war offensichtlich. Die Schwarzen verrichteten die Drecksarbeit, besonders wehrpflichtige Schwarze. Die Pflichten sollten nach dem Rotationsprinzip eingeteilt werden. Das war nie der Fall. Nach einiger Zeit verstand ich, daß die Schwarzen auf die gleiche Art behandelt wurden wie die Vietnamesen. Ich war enttäuscht. Ich beschwerte mich über die Praktiken in den Barracken. Dann wurde ich angegriffen. Ich wurde öfter von weißen US-Soldaten beschossen als von den Nordvietnamesen.

"In Vietnam fing ich an, Opium zu rauchen. Als ich heimkam, nahm ich Heroin. Das ließ mich die Gegenwart und meine Erlebnisse vergessen. Während der Drogeneinnahme versuchte ich, mit einer Familie ein normales Leben zu führen.

"Es war, als ob ich zwei Gesichter hatte. Schließ brach ich zusammen. Ich verlor alles: meine Familie, meine Arbeit, meine Würde. Ich wollte meinem Leben ein Ende setzen. An jenem Tag hörte ich ganz hinten in meinem Kopf eine Stimme.

"Ich wurde in das Veteranen-Krankenhaus gebracht. Dort bekam ich Kontakt mit Vietnam Veterans Against the War. Als es mir besser ging, begann ich mit anderen Veteranen zu sprechen. Wir litten an einer posttraumatischen Störung. Wir litten unter den gleichen Problem. Das vereinte us."

aus Notizen von Ellen Elster

Gerechtigkeit nach dem Krieg

Diese Sitzung wurde als Debatte unter Aktivisten aus Ex-Jugoslawien mit unterschiedlichen Ansichten über das Gleichgewicht zwischen Gerechtigkeit und Wiederversöhnung in Nachkriegsgesellschaften angesetzt. Diesen Aktivisten sollten eine Gruppe von Leuten aus anderen Nachkonfliktssituationen (besonders Chile und Südafrika) Fragen stellen.

Das Aus für die Konfliktlösung

Diese Plenarsitzung unterschied sich etwas von den anderen Plenarsitzungen am Abend, und zwar dahingehen, daß es keine geladenen Redner gab, die ihre Ansichten zu dem Thema vortrugen. Es war eher eine interaktive Sitzung, die es den TeilnehmerInnen an der Dreijahreskonferenz erlaubten, ihre eigenen Erfahrungen inzubringen, um den derzeitigen Stand der Konfliktlösung und dessen Bedeutung für die Friedensbewegung zu diskutieren.

Den TeilnehmerInnen wurde eine Reihe von Themen vorgeschlagen, und sie wurden aufgefordert, die unterschiedlichsten Diskussionsmethoden anzuwenden, um die gegensätzlichen Meinungen, Vorschläge und Perspektiven zum Ausdruck zu bringen. Die TeilnehmerInnen nutzten diese Gelegenheit, ihr ichteinverständnis zu formulieren und Meinungen auszutauschen. Unter den aufgeworfenen Themen waren: das Konfliktlösungspotential zur Neutralisierung der Kräfteungleichheit zwischen den Konfliktparteien; die begrenzten Konfliktlösungs-möglichkeiten, um diese gerecht zu handhaben und entsprechend eine Menschenrechtsperspektive mit einzubauen; sowie die Möglichkeiten, daß man mit Konfliktlösung die dynamik zwischenmenschlicher Konflikte behandeln kann, aber nicht die bei innernationalen Konflikten wirkenden Kräfte. Man hat auch Wege untersucht, wie die Einsichten aus Konfliktlösungsversuchen immer noch für Friedensaktivisten relavant sein könnten, wenn man die gegenwärtigen Unzulänglichkeiten erkennt und behandelt.

Mit dieser Sitzung sollten keine vereinbarten Schlüsse erzielt werden, aber trotzdem gab es einige:

  • Konfliktlösung wurde selten voll angewandt
  • Konfliktlösung tendiert dazu, die an dem Konflikt beteiligten Parteien zu ermutigen, das gegenwärtige Kräftegleichgewicht zu akzeptieren
  • der Versuch, Konfliktlösung auf manche Konflikte anzuwenden, könnten auf lange Sicht eher zu Schäden führen.
  • Konfliktlösung tendiert dazu, eher Beziehungen als die eigentlichen Probleme zu problematisieren
  • der Begriff Konfliktlösung wurde so ausgeweitet, daß er eigentlich nichts mehr bedeutet
Bericht verfaßt von Clem McCartney. Eine ausführlichere Fassung kann auf der WRI-Webseite eingesehen werden.

Zivile Aktionen für den Frieden

Die Abschlußplenarsitzung schloß eine durchschlagende Rede von Koussetogue Koude aus dem Tschad ein. Koude wurde während des Bürgerkriegs im Tschad geboren ("ich gehöre einer geopferten Generation an"). Er arbeitet für eine Jugendorganisation, die gegen Diskrimination und Ungerechtigkeit angeht. "Wenn wir von Gewaltfreiheit sprechen und darüber, daß es möglich ist, eine Welt ohne Gewalt aufzubauen, nennt man uns Utopisten. Wie können wir von so etwas träumen, wenn wir in einer Welt mit immer mehr Grenzen und zunehmendem Nationalismus leben? Aber die Leute können es ablehnen, Krieg und Gewalt zu unterstützen .... Ich bin voll und ganz überzeugt, daß wir uns durchsetzen werden. Sie können mich Utopist nennen, aber ich bin tief überzeugt, daß es eine solche Welt geben wird."

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