Kriegsdienstverweigerung in Europa

Türkei: Internationale Unterstützung bleibt weiterhin
überlebenswichtig für Osman und ISKD

Osman Murat Ülke wurde am 6. März "wegen andauernden Ungehorsams in einer militärischen Einheit" zu 5 Monaten Haft verurteilt. Sobald er Anfang April aus der Haft entlassen wird, bringt man ihn zur 9. Polizei-Trainingseinheit in Bileçik, wo er wieder den Wehrdienst verweigern wird. Man wird ihn erneut des "Ungehorsams" anklagen und zurück ins Eskisehir-Militärgefängnis schicken.

Währenddessen erwartet er eine Verurteilung wegen "Desertation", weil er sich nach seiner Haftentlassung im Dezember nicht zum Dienst zurückgemeldet hat. Trotz der verschiedenen Gerichtsverfahren und Verurteilungen ist Osman guten Mutes und bleibt überzeugter Verweigerer. Mehrere Kollegen der inzwischen verbotenen Izmir Kriegsdienstverweigerer Vereinigung (ISKD) bereiten sich darauf vor, den gleichen Weg zu gehen.

Parallel dazu werden Osman und 11 andere Aktivisten der ISKD sowie das Büro der Türkischen Menschenrechtsvereinigung (IHD) in Ankara aufgrund einer antimilitaristischen Erklärung angeklagt, die sie 1996 in einem Buch der IHD veröffentlichten. Die Angeklagten sind der ehemalige Vorstand der IHD in Ankara -- Yildiz Temürtürkan, Oya Ersoy Ataman, Ender Büyükçulha, Naciye Erkol, Mustafa Tün, Meriyem Erdal, and Adman Okur -- und der Vorstand der ISKD -- Osman Murat Ülke, Vedat Zencir, Ferda Ülker, Ali Serdar Tekin, Yavuz Atan.

Die erste Gerichtsverhandlung fand am 18. Februar statt. Während der zweiten Verhandlung am 1. April, wurden Sedar Tekin und Oya Ataman dazu aufgefordert, auszusagen. Beide weigerten sich mit dem Argument, das Militärgericht besäße keine Legitimation. Sedar sagte außerdem, daß ihre Anklage wegen Verstoßes gegen Artikel 58 und Artikel 155 des türkischen Strafrechtes nicht legitim sei, da beide Artikel der Gedanken- und Meinungsfreiheit widersprechen. Ein dritter Verhandlungstermin ist für den 20. Mai angesetzt.

Bitte schickt weiterhin Protestbriefe an: Justizminister, Mr Sevket Kazan, Adalet Bakanligi, 06659 Ankara, Türkei (fax +90 312 425 4066/417 3954); und an die türkische Botshaft Eures Landes.

Helft Osman, ISKD und IHD und schickt Unterstützerbriefe an: Osman Murat Ülke, 1 Taktik Hava Kuvvetleri, Lomutanligi, Askeri Cezaevi, 3 Kogug, Eskisehir, Türkei; ISKD (bitte beachtet die neuen Nummern und Adressen): 2016/1, Sok. No. 11/2, 33540 Bostanli, Izmir, Türkei (tel +90 232 336 20 92; fax +90 232 369 02 52; email osi@info-ist.comlink.de); Insan Haklari Dernegi (IHD), Yüksel C 29/13, Yenisehir, 06440 Ankara, Türkei (tel +90 312 432 09 57; fax +90 312 425 95 47).

15. Mai - Internationaler Tag der Kriegsdienstverweigerung: Brennpunkt Türkei

Auf Einladung der WRI Türkei/Kurdistan-Arbeitsgruppe haben antimilitaristische Gruppen in mehreren Ländern beschlossen, ihre Aktionen zum 15. Mai dieses Jahr auf die Situation in der Türkei zu konzentrieren.

Bitte schickt Informationen über Eure eigenen Pläne so schnell wie möglich zur Arbeitsgruppe und zum WRI-Büro in London. Außerdem würden wir gerne bis zum 21. Mai Berichte über Eure Aktionen erhalten, die in Peace News und dem Zerbrochenen Gewehr veröffentlicht werden. Danke im Voraus!

Rudi Friedrich, WRI Türkei-Kurdistan Arbeitsgruppe, c/o Connection e.V, Gerberstraße 5, 63065 Offenbach, Deutschland (tel +49 69 8237 5534; fax +49 69 8237 5535; email connection@link-f.rhein-main.de).

ECOM 97 - 12. bis 14. Juni, Norwegen

Das diesjährige europäische Kriegsdienstverweigerer-Treffen (ECOM 97) wird in Hustad, in der Nähe von Molde, Norwegen, vom 12. bis zum 14. Mai stattfinden.

Es war nicht möglich, ECOM in Vojvodina, Bundesrepublik Jugoslawien abzuhalten, wie es eigentlich während des ECOM 1995 beschlossen wurde. Das ECOM ist offen für die Teilnahme aller KDV-Gruppen.Hustad liegt an der Westküste Norwegens, in der Mitte der schönen norwegischen Fjorde. Die GastgeberInnen übernehmen die Reisekosten von Oslo nach Hustad sowie die Kosten für Essen und Unterbringung. Außerdem suchen sie nach Finanzierungsmöglichkeiten für die Gruppen, die die Reise nicht selber bezahlen können.

Finanziell besser ausgestattete Gruppen sollten eine Teilnahmegebühr von etwa 400 norwegischen Kronen zahlen. Dieses Geld wird dazu verwandt, den finanziell schlechter gestellten Gruppen Reisekosten zu erstatten.

Die Tagesordnung des Treffens wird von den TeilnehmerInnen vereinbart.

Als Hauptthema schlägt die norwegische Vereinigung "allgemeine Wehrpflicht, alternative Dienste und Totalverweigerung" vor (damit ist sowohl die Ablehnung des Militärdienstes als auch jeglichen Ersatzdienstes gemeint).

Bitte meldet Euch mit anderen Ideen und Vorschlägen so schnell wie möglich bei den GastgeberInnen des Treffens.

Velferdskontoret for sivile tenestepliktige (KDV-Vereinigung), PB8831, Youngstorget, N-0028 Oslo, Norwegen (tel +47 22 33 64 00; fax +47 22 42 19 50; email velferdo@sn.no).


Spanien: insumisión in den Kasernen

Die spanische antimilitaristische Bewegung hat in ihrer Kampagne für zivilen Ungehorsam gegenüber der Armee einen neuen Schritt unternommen: im Februar wurde die "insumisión (Totalverweigerung) in den Kasernen" gestartet.

Das neue Strafrecht - letztes Jahr in Kraft getreten - sieht für Totalverweigerer anstelle von Haft Disqualifikationsstrafen vor (siehe Peace News, Dezember 1995, S.9). MOC beschloß daraufhin, den Protest in die Militärkasernen hineinzutragen. Acht Aktivisten verweigerten den Dienst in ihrer Einheit wenige Tage nach der Einberufung. Ihre Absicht ist, die Behörden dazu zu bringen, sie vor ein Militärgericht zu stellen. Damit wollen sie verdeutlichen, daß es bei Totalverweigerung nicht nur um die Abschaffung des Wehrdienstes geht, sondern um die Abschaffung der Armee an sich.

Die Kampagne ist heute relevanter denn je, da die spanische Regierung entschieden hat, die Wehrpflicht zu beenden und eine Berufsarmee zu schaffen.

Die Armee und der Generalstab in Madrid sind von den Vorfällen peinlich berührt und haben bis jetzt von einer strafrechtlichen Verfolgung der Deserteure Abstand genommen, die am 6. März eine Pressekonferenz gaben, bei der sie öffentlich ihre militärischen Papiere zerrissen. Zwei Wochen später meldeten sie sich bei den lokalen Behörden. Einige von ihnen wurden wegen "Erregen öffentlichen Ärgernisses" verhaftet, jedoch wenige Stunden später wieder freigelassen. Mehr als einen Monat nachdem sie gemeinsam verweigert haben, ist noch kein Gerichtsverfahren gegen sie eingeleitet worden.

Viele andere junge Leute sind bereit, der Bewegung beizutreten. MOC hat öffentlich zur Verweigerung aufgerufen.

KEM-MOC, Iturribide 12-1ro D, 48006 Bilbao, Spanien (tel +34 4 415 3772; fax +34 4 479 0383;
email betxea@lander.es).

Amnesty International startet Kampagne zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung in Europa

Das Amnesty International Regionalprogramm für Europa wird im April 1997 eine öffentliche Aktion zur Kriegsdienstverweigerung in Europa starten, die zusammenfällt mit der 53. Sitzung der UN-Menschenrechtskommission. Die Kampagne startet am 15. April in Moskau mit einer Pressekonferenz zum neuen Amnesty-Bericht (Out of the Margins: the Right to Concientious Objection to Military Service in Europe, 61pp), eine Diskussion am Runden Tisch mit relevanten russischen NGOs und Parlamentsabgeordneten, und ein Seminar über Verweigerung für Universitätsstudenten.

Die Kampagne wird bis Ende Juni 1997 dauern und sich auf jene europäischen Regierungen konzentrieren, die noch keine Gesetzgebung zur Verweigerung verabschiedet haben oder deren Vorgaben für Alternativdienste inadequat sind bzw. einen nicht ausschließlich zivilen Charakter haben, sondern in Art und Zeitvorgabe eher einer Strafe entsprechen.

Mit Petitionen, Brief-Aktionen, Botschaftsbesuchen und Besuchen der Außenministerien usw. soll auf eine Änderung bestehender Gesetzgebungen hingewirkt werden. AI-Mitglieder werden mit einem Aktionspaket ausgerüstet, das detaillierte Aktionsempfehlungen für bestimmte Länder enthält.

Um öffentliches Bewußtsein zu schaffen und zu vermitteln, daß Militärdienstverweigerung ein international anerkanntes Menschenrecht ist, versucht Amnesty auch Diskussionen zwischen PädagogInnen, StudentInnen, PolitikerInnen, religiösen Gruppierungen und Medien in den Ländern anzuregen, in denen es kaum Informationen über Verweigerung gibt bzw. wo nur wenig Bewußtsein über Verweigerung vorhanden ist. Ein Informationspapier in verschiedenen Sprachen wird mit der Unterstützung lokaler NGOs verteilt werden.

Amnesty International wird ebenfalls an einem Seminar des Europäischen KDV-Büros in Linz, Österreich, in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen vom 13. bis zum 15. März teilnehmen. Verschiedene Generationen von Deserteuren und Verweigerern werden eine Resolution entwerfen und ein Mahnmal in Mauthausen errichten.

Amnesty International, Brian Phillips, Campaign Co-ordinator, Europe Regional Programme, 1 Easton Street, London WC1X 8DJ, Großbritannien (tel +44 171 413 5970; fax 956 1157; email bphillip@amnesty.gn.apc.org).

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