Jungen und Mädchen mit Kriegsspielzeug

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Kindersoldaten in Kolumbien

Auch wenn die Genfer Konvention von 1949 und die Kinderrechtekonvention die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren verbieten, oder deren Einsatz in Feindseeligkeiten, so sind doch mindestens ein Viertel der irregulären Truppen im kolumbianischen BürgerInnenkrieg jünger als 18 Jahre. Es ist ein Fakt, dass jede der irregulären Kräfte des Konfliktes weiterhin die entsprechenden Regelungen über das Mindestalter bei der Rekrutierung deutlich verletzen, und zwar so, dass das Phenomen der Eingliederung von Kindern in die Reihen sowohl der Guerilla als auch der paramilitärischen Gruppen in den letzten Jahren signifikant zugenommen hat.

In den 90er Jahren haben die Guerilla und die Paramilitärs ihre grossen Rekrutierungskampagnen eingeführt. 1996 veröffentlichte das Büro des Obudsmanns (Defensoría del Pueblo) einen Bericht, der diese Situation darstellte, und der zu dem Schluss kam, dass bis zu 30% der Einheiten der Guerilla aus Kindern bestehen. Es wird vermutet dass in den städtischen Milizen die Mehrheit der RekrutInnen, bis zu 85%, Minderjährige unter 18 Jahren sind [1].

Auch wenn keine exakten Daten zur Zahl der Kinder, die mit dem bewaffneten Konflikt in Kolumbien verbunden sind, existieren, so schätzt Human Rights Watch [2], dass die Gesamtsumme der minderjährigen KämpferInnen wahrscheinlich grösser als 11 000 ist, doch diese Kalkulation kann signifikant unter der realen Ziffer liegen. Denn, wenn wir die grösste bewaffnete Gruppe betrachten, die Mehrheit der Kindersoldaten ist Teil der FARC-EP (diese Gruppe hat in ihren Reihen mehr als 4 100 Kinder, ohne diejenigen in den städtischen Milizen, die nochmals 3 300 sind, in der Summe 7 400, mehr als ein Viertel der geschätzten Stärke dieser Gruppe). In Bezug auf die ELN wird geschätzt, dass mindestens ein Drittel der KämpferInnen Kinder sind, insgesamt 1 480, und in Bezug auf die Paramilitärs wird angenommen, dass mindestens 20% der KämpferInnen Kinder sind [3].

Human Rights Watch hat Kinder interviewed, die 8 Jahre alt waren, wenn sie den Kampf aufnahmen. Mit Erreichen des 13. Lebensjahres hat die Mehrheit der minderjährigen RekrutInnen ein Training im Einsatz von automatischen Waffen, Handgranaten, Mörsern und Explosivstoffen (Gaszylinderbomben und Anti- Personen-Minen) durchlaufen. Die internen Regeln der FARCEP besagen, dass 15 Jahre das Minimalalter für Rekrutierung ist, in Übereinstimmung mit den Normen des Internationalen Humanitären Rechtes (IHM); trotzdem sagen mehr als zwei Drittel der Ex- KämpferInnen, dass sie sich dieser Gruppen anschlossen, als sie 14 Jahre oder jünger waren, und die Mehrheit von ihnen wurde nach der Verkündung dieser Regeln im Jahr 1999 rekrutiert.

Die Regeln der ELN erlauben, dass Kinder unter 15 Jahren an den "revolutionären Aktivitäten" teilnehmen können, jedoch nicht an Kampfhandlungen. 1996 wurde das offizielle Minimalalter für die Rekrutierung zu den militärischen Kräften auf 16 Jahre angehoben. Doch auch hier hat die Hälfte der befragten Ex-Mitglieder sich der Gruppe angeschlossen, als sie 14 Jahre oder jünger waren. Die Paramilitärs zahlen ihren RekrutInnen ein Gehalt, dass aus den Einnahmen des Drogenhandels, der Erpressung, und Beiträgen finanziert werden. Es ist auch nicht bekannt, ob sie die etablierten Regelungen zum Alter bei der Rekrutierung einhalten.

Die Mehrheit der kolumbianischen Kindersoldaten schliessen sich der Guerilla oder den Paramilitärs freiwillig an. Sie werden weder durch Drohungen dazu bewogen, und auch nicht durch ihre Familien oder bewaffnete Akteure dazu gezwungen. Im Falle der Untersuchungen für Human Rights Watch haben von 112 Befragten nur 13 Kinder oer Jugendliche erwähnt, dass sie mit physischer Gewalt in eine bewaffnete Gruppe gebracht wurden; doch es ist schwierig sicherzustellen, ob der Rest diese Entscheidung freiwillig getroffen hat, oder ob sie durch die prekären Verhältnisse des Kontextes dazu konditioniert wurden.

Alle irregulären bewaffneten Gruppen Kolumbiens rekrutieren Frauen und Kinder für den Kampf. Tatsächlich waren mehr als ein Viertel der 112 Ex-KämpferInnen, die von Human Rights Watch befragt wurden, Mädchen, die Mehrheit Ex-Kämpferinnen der FARC-EP. Nach den Aussagen der Ex-Guerilleras bestehen die Einheiten der FARC-EP gewöhnlich zwischen einem Viertel und fast der Hälfte aus Frauen, und können Mädchen ab dem Alter von 8 oder neun Jahren beinhalten. Die Verhältnisse sind bei der UC-EPL ähnlich, und im Fall der Paramilitärs haben diese üblicherweise einen wesentlich geringeren Anteil von Frauen und Kindern als die Guerilla.

Im Jahr 2003 erhielt Kolumbien mehr als 750 Millionen USDollar als Hilfe von den Vereinigten Staaten, die Mehrheit davon war bestimmt für militärische und polizeiliche Unterstützung; trotzdem legen die Ex-Kindersoldaten der Paramilitärs nahe, dass das militärische Personal Kolumbiens weiterhin an ihrem Training beteiligt ist, dass sie in engem und permanentem Kontakt mir ihren Kommandanten sind und, in manchen Fällen, mit ihnen zusammen kämpfen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig die Bedingungen der Militärhilfe von Ländern wie den Vereinigten Staaten zu erwähnen, in Bezug auf die anhaltende Zusammenarbeit von Einheiten des kolumbianischen Militärs mit den paramilitärischen Gruppen und ihren gravierenden Menschenrechtsverletzungen.

Die Internationale Agentur für Entwicklung hat 2001 ein erstes Hilfspaket von 2.5 Millionen USDollar aufgelegt, um die kolumbianische Regierung bei der Unterhaltung von Wiedereingliederungszentren für Ex-Kindersoldaten zu unterstützen. Dieser Betrag wurde 2003 verdoppelt, zur Verwendung für ein Rehabilitationsprogramm des ICBF (Kolumbianisches Institut für das Wohl der Familie), die Einstellung von Justizangestellten für den speziellen Umgang mit Kindersoldaten, die Umsetzung eine Präventionsstrategie mit dem Ziel der Reduzierung der Beteiligung von Kindern am bewaffneten Konfligt, und der Entwicklung eines Plans für die letztliche Demobilisierung.

Die Frage ist: "Warum rekrutieren die bewaffneten Akteure Kinder?", sagte Senator Rafael Orduz Median, der Gesetze zum Schutz der ehemaligen Kindersoldaten vorgeschlagen hat. "Die Kinder sind im Krieg besonders nützlich, da sie nur sehr selten die Risiken kalkulieren, sich sehr leicht an eine gewaltsame Umgebung anpassen, weniger essen, weniger verdienen, und immer bereit zu gehorchen." [4].

Ausserdem kann im Falle einer Gefangennahme von Minderjährigen ihnen nicht die gleiche Strafe auferlegt werden wie erwachsenen KämpferInnen, und dennoch sind sie in der Lage den gleichen Schaden wie diese anzurichten. [5]

Anmerkungen

[1] Defensoría del Pueblo. El conflicto Armado en Colombia y los menores de edad. Boletín No. 2, Mai 1996, zitiert nach Aprenderás a no llorar. Niños combatientes en Colombia. Editorial Gente Nueva. Bogotá, April 2004.

[2] Aprenderás a no llorar. Niños combatientes en Colombia. Editorial Gente Nueva. Bogotá, April 2004.

[3] Esta información puede ser constatada en Aprenderás a No llorar, Niños Combatientes en Colombia, Pág. 41. Human Rights Watch, Bogotá- Colombia, April 2004.

[4] Ibid, pag. 40.

[5] Más allá del embrujo. Tercer año de gobierno de Alvaro Uribe Vélez, ein Bericht der Koalition gegen die Dienstverpflichtung von Jungen, Mädchen und Jugendlichen im bewaffneten Konflikt in Kolumbien (2004/5) und Amnesty International (2004).

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