Griechenland: Kriegsdienstverweigerer vor Gericht

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Union der Kriegsdienstverweigerer

Der griechische Kriegsdienstverweigerer Lazaros Petromelides stand am 16. April 2002 vor Gericht, doch das Verfahren wurde wieder vertagt - auf den Herbst 2002.

Lazaros Petromelides wurde 1992 einberufen, seinen Dienst bei der griechischen Marine abzuleisten, und er folgte dem, was damals von der griechischen Union der Kriegsdienstverweigerer empfohlen wurde, und schickte einen Brief, in dem er die Gründe, die ihm verboten in der Armee zu dienen, darlegte. Im gleichen Brief bat er darum, einen Platz in einem alternativen, nicht-militärischen nationalen Dienst zugewiesen zu bekommen. Es gab damals keine Regelungen für einen solchen Dienst. Die Marine erklärte ihn im März 1992 zum "Wehrflüchtigen", und drei Monate später wurde es ihm untersagt, ins Ausland zu reisen. Zu dieser Zeit war es die übliche Praxis von Kriegsdienstverweigerern öfter umzuziehen, so dass die Behörden ihre Spur verlieren würden, doch Petromelides zog es vor, an seiner bekannten Adresse zu bleiben.

Um Weihnachten 1996 herum wurde er vor das Marinegericht zitiert, wo die Staatsanwaltschaft ihm "Wehrpflichtentziehung in Zeiten allgemeiner (militärischer) Mobilmachung" vorwarf (Griechenland ist seit der türkischen Invasion auf Zypern 1974 aus innenpolitischen Gründen in einem Status "allgemeiner militärischer Mobilmachung" verblie-ben). Da es mit Sicherheit zur seiner Verhaf-tung geführt hätte, wenn Petromelides vor Gericht erschienen wäre, hat er eine schriftliche Erklärung geschickt, in der er seine Meinung darlegte. Die Staatsanwaltschaft hat diese Erklärung nicht akzeptiert. Er erstellte stattdessen einen Haftbefehl, obwohl das Verteidigungsministerium bereits verprochen hatte, dem Parlament ein Gesetz vorzulegen, dass Kriegsdienstverweigerung anerkennen würde. Gesetz 2610/97 wurde nur vier Monate später verabschiedet. Dennoch wurde einen Monat nach Ausstel-lung des Haftbefehls vom Justizrat von Peiraeus angeordnet, dass Petromelides in Haft zu nehmen ist, da er eine "besonders gefährliche Person" ist.

Im April 1998, nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes, verhafteten Polizeibeamte der Polizeiwache von Drapetsona (wo Petromelides lebt) ihn wegen "Wehrdienstentziehung". Nach griechischem Recht mussten sie ihn wieder gehen lassen, und gleichzeitig das Rekrutierungsbüro der Marine über den Arrest informieren. Doch die Polizei interpretierte die Order des Justizrates fälschlicherweise als über dem Gesetz stehend und inhaftierte Petromelides rechtswidrig im Militärgefängnis von Korinth. Diese Inhaftierung erhielt grosse öffentliche Aufmerksamkeit, und da Petromelides weiterhin für einen zivilen nationalen Dienst zur Verfügung stand, ordnete das Marinegericht von Peiraeus nach 5 Tagen an, dass Petromelides aus der Haft zu entlassen ist, damit er formal einen Antrag auf einen Alternativdienst stellen kann.

Petromelides wurde im Januar 1999 als Kriegsdienstverweigerer anerkannt, doch wurde er zu 30 Monaten Dienst im Altenheim in Kilkis einberufen, einer Stadt 550 km entfernt von seiner Familie. Würde er zum Militärdienst bereit sein, würde er für vier Monate in der Nähe seiner Familie Dienst leisten. Daher betrachtete Petromelides das Gesetz, auf dessen Basis diese Order erlassen wurde, als der griechischen Verfassung widersprechend. Er erschien daher nicht zum Dienst, sondern ergriff die einzige juristische Handlung, die ihm zur Verfügung stand. Er stellte (innerhalb des angemessenen Zeitrahmens, im März 1999) einen Antrag an das Oberste Gericht (Symboulio tis Epikrateias, StE).

Das Marinegericht von Peiraeus zog nichts von dem in Erwägung. Entsprechend der Regelungen des Gesetzes 2510/97 wurde Petromelides der KDV-Status aberkannt und erneut im April 1999 vor Gericht zitiert. Er erschien vor Gericht, wurde zu vier Jahren Gefängnis wegen "Wehrdienstentziehung in Zeiten allgemeiner (militärischer) Mobilmachung" verurteilt und im Militärgefängnis von Korinth eingesperrt.

Eine grosse Welle der Solidarität entwickelte sich, während der offizielle Ombudsmann (Sinigoros tou Politi, StP) in einem speziellen Bericht zur Kriegsdienstverweigerung ausdrückte, das Petromelides Anfragen gerechtfertigt seien. Diese Entwicklungen führten zur Freilassung von Petromelides durch das Berufungsgericht nach zweieinhalb Monaten. Das Verfahren vor dem Berufungsgericht wurde schliesslich unterbrochen, um die Entscheidung des Verfas-sungsgerichts abzuwarten. Im Parlament antwortete der Verteidigungsminister auf die Frage eines Abgeordneten, dass die Regierung an einer Gesetzesänderung basierend auf dem Bericht des Ombudsmannes arbeiten würde. Trotz alledem wurde Petromelides nach seiner Freilassung erneut zum Militärdienst einberufen. Er folgte dem nicht, und ein weiterer Haftbefehl für die gleiche Tat wurde ausgestellt, der jedoch bisher nicht umgesetzt wurde.

Heute, nahezu drei Jahre später, hat sich nichts geändert. Das StE ist noch nicht zu einer Entscheidung gekommen, was ein Anzeichen dafür ist, wie wichtig diese Frage ist.

Die Situation von Petromelides ist reprä-sentativ für die rechtliche Situation vieler griechischer Kriegsdienstverweigerer, da weitere Haftbefehle und Anklagen wegen Wehrpflichtentziehung eine Situation ge-schaffen haben, die auch die Gerichte nicht erfolgreich lösen können. Radikale Lösungen sind notwendig, einschliesslich der bedingungslosen Freilassung inhaftierter KDV-er, Anerkennung des Rechtes, den Militärdienst aus Gewissensgründen zu verweigern, Verfahren gegen KDVer vor zivilen und nicht vor Militärgerichten, und, vor allem, die Entziehung der Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums für Kriegsdienstverweigerung, entsprechend den Vorschlägen des Ombudsmannes.

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