Gemeinschaften in gewaltfreien Kaempfen

Swati Desai und Lerato Maragele, die zur Themengruppe eingeladen hatten, schreiben ueber gewaltfreien Kaempfe. Swati Desai schreibt ueber Gewalt und Gewaltfreiheit in den Kaempfen von Gemeinschaften (Gewalt und Gewaltfreiheit in Gemeinschaftskaempfen), und Lerato Maragele beschreibt die Fallstudie des weltweiten COP 17 Aktionstages (Fallstudie COP 17 aus Suedafrika).

Gewalt und Gewaltfreiheit in Gemeinschaftskaempfen

Die grosse Mehrheit der Menschen ist heute darauf beschraenkt, kleine Raedchen in einer Riesenmaschine zu sein, in der das etablierte System KonsumentInnen braucht, und nicht frei BuergerInnen. Folglich sind gewoehnliche BuergerInnen, egal ob sie in autoritaeren Staaten oder in Demokratien leben, der Ungerechtigkeit und Gewalt unterworfen, insbesondere dort wo es Druck fuer ‘moderne Entwicklung’ gibt.

Verschiedene Gemeinschaften und die Formen der Gewalt, mit denen sie konfrontiert sind

  • Von einem einwoechigen Marsch gegen die Verbindung von Fluessen in Sued Gujarat, Indien: Falls dieses Projekt realisiert wird, werden 75 Doerfer betroffen sein, und einige davon werden total im Wasser versinken. Die Gemeinschaften sind der Staatsgewalt, organisierter Gewalt, und der Gewalt durch Milizen unterworfen, - fuer gewoehnlich ohne jedes rechtsstaatliche Verfahren.

  • Die Gemeinschaften dort sind der “Entwicklungsgewalt” ausgesetzt, ohne jegliche rechtliche Handhabe; so versucht das Konglomerat von Staat und Grossunternehmen, sich natuerliche, nationale, mineralische Ressourcen anzueigenen.

  • Gewalt im Namen von Religion, ethnischer Zugehoerigkeit, Glaubensgrundsaetzen und Ideologien

  • Die Gemeinschaften sind auch indirekter Gewalt ausgesetzt – dabei werden die Unterdrueckten oft in der Weise beeinflusst, dass ihnen gar nicht bewusst wird, dass sie Opfer von Gewalt sind.

Es ist klar, dass die meisten Menschen Frieden lieben, Auseinandersetzungen gern aus dem Wege gehen und nur dann Widerstand ueben, wenn sie keine andere Wahl haben. Und es ist wichtig anzuerkennen, dass die Gemeinschaften, bevor sie irgendeiner Form von Gewalt ausgesetzt sind und in die Kategorie “betroffene Gemeinschaft” fallen

  • sie in aller Regel mit dem Kampf um das taegliche Ueberleben beschaeftigt sind

  • sie kein Training in den Grundlagen, der Wissenschaft oder Kunst der Gewaltfreiheit haben

  • sie friedlich miteinander leben, bis sie – aus blauem Himmel - irgendeine Form der Aggression seitens des Staates oder von Grossunternehmen erwischt

  • ihre Reaktion darauf eher reflexiv als strategisch geplant ist

  • sie es zu tun bekommen mit der geballen Macht und und den Mitteln des Konglomerat von Staat und Wirtschaftsunternehmen

Weltweit haben Gemeinschaften den Kampf aufgenommen um das Recht auf Leben, Erhaltung der Lebensgrundlagen, Gerechtigkeit und Frieden. In den meisten Faellen bekommen sie es zu tun mit sehr maechtigen Gegnern wie dem staatlichen Militaer oder paramilitaerischen Truppen, Grossunternehmen, Milizen, Gesetzesvorschriften, der etablierten Presse, Technokraten, Machtinteressen, Interessengruppen, die von dem Status Quo profitieren, etc. Insofern ist der Kampf ein sehr unfairer. Jedwede Handlung und Idee derjenigen, die mit dem Ruecken zur Wand kaempfen, weil sie den Status Quo in Frage stellen, wird intensivster Kritik unterworfen und oft als “gegen Entwicklung” , “anti-national”, “rueckschrittlich” etc. gebrandmarkt.

Um ihren Kampf wirkungsvoll und dauerhaft zu machen, brauchen diese Gemeinschaften gewaltfreien Widerstand zur Bekaempfung von Gewalt und Unterdrueckung.

Gewaltfreiheit

Von einem einwoechigen Marsch…

Der Begriff “Gewaltfreiheit” scheint einfach “Abwesenheit von Gewalt” auszudruecken. Sowohl Theorie- als auch Praxis-VertreterInnen der Gewaltfreiheit stehen aber dafuer, dass es den ProtagonistInnen in Wirklichkeit um einen pro-aktiven, positiven, vorwaertsgerichteten und potenziell aufbauenden Prozess geht. Wenn er ohne die Preisgabe von Werten als Mittel zu einem Ziel verfolgt wird, kann er eine Reise evolutionaer Veraenderung werden.

Diejenigen, die die Ungerechtigkeit der staatlicher Gewalt gegen unbewaffnete Menschen, die Gewalt des Konglomerates zwischen Staat und Grossunternehmen gegen traditionelle Gemeinschaften oder sogar tiefgreifende Systemprobleme bekaempfen, neigen oft zu Versuchen militanter (oft gewaltsamer) Sofortloesungen. Die Mittel, die in solchen Kaempfen zur Anwendung kommen, werden nicht als so wichtig empfunden, denn es handelt sich oft um einen Kampf auf Leben und Tod fuer die Betroffenen. Moralapostel und TheoretikerInnen koennten solche Kaempfe leicht verurteilen. Sie haben oft keine Vorstellung von der Tragik des Kampfes um Leben und Tod, in dem die betroffenen Gemeinschaften sich befinden, weshalb sie sich den Luxus leisten koennen, einen Kampf zu verurteilen als “nicht lupenrein” hinsichtlich ihrer Gewaltfreiheit.

Das andere Extrem sind AktivistInnen, die die Unterdrueckten “vertreten”, selbst nicht an Gewaltaktionen beteiligt sind, aber die anderen Unterdrueckten ermutigen oder anstacheln, gewaltsamen Widerstand zu ueben. Auch sie koenenn sich den Luxus erlauben, auf radikalen Positionen zu bestehen, ohne selbst ihr Leben zu risikieren. Beide Positionen sind hoch problematisch.

Es waere ein tragischer Fehlschluss, betroffene Gemeinschaften fuer ihre Reflexhandlungen zu verurteilen. Sie koennten wahrscheinlich am Ehesten etwas mit einer einfachen “Abwesenheit von Gewalt” anfangen. Sobald sie ein Verstaendnis davon bekommen, mit welchem Problem sie eigentlich konfrontiert sind und wenn sie konzeptionelle, technische, Trainings- und materielle Unterstuetzung von SympathisantInnen bekommen, die nicht direkt von ihrem Kampf betroffen, sich aber ueber seine Bedeutung im Klaren sind, kann ihr Kampf sich in eine gut geplante Strategie des gewaltfreien Widerstands verwandeln. Dieser Prozess kann die Form einer Reise zur Veraenderung annehmen. Diese Reise kann die betroffenen Gemeinschaften weiter fuehren, von der Beschaeftigung mit ihrem unmittelbaren Problem vor Ort, zu Bewusstsein, Verantwortung und Handlungsfaehigkeit in weiterreichenden und langfristigeren Belangen.

Wie immer auch das Ergebnis eines Kampfes aussieht – es ist von absoluter Wichtigkeit, dass gewaltfreie Kaempfe nicht nur zur Schaffung einer gerechteren Ordnung beitragen, sondern dass sie gekaempft werden, um Demokratie zu vertiefen und die Saat fuer eine fortwaehrende Revolution saeen.

Swati Desai

 

Gewaltfreie Gemeinschaftskaempfe: Fallstudie COP 17 aus Suedafrika

Die 17te Konferenz der Parteien der Vereinten Nationen zum Klimawandel (COP 17) fand 2011 in Durban, Suedafrika statt. COPs sind hochrangige Verhandlungsforen, in denen sich Regierungen treffen, um den Fortschritt im Umgang mit dem Klimawandel zu beurteilen; da gibt es wenig Raum fuer Initiativen der Zivilgesellschaft. Waehrend viele zivilgesellschaftliche Organisationen sic him Rahmen des COP trafen und Strategien besprachen, trafen sich noch viele mehr ausserhalb. Seit der Kopenhagener Ankuendigung, dass Suedafrika die Konferenz ausrichten wuerde, traf sich die Zivilgesellschaft und plante einen Raum fuer Beratungen, Treffen, Strategieentwicklung und Austausch (socializing).

Das Komittee der Zivilgesellschaft fuer COP17

C17, (das Komittee der Zivilgesellschaft fuer COP17) wurde von einer Vielfalt suedafrikanischer zivilgesellschaftlicher Gruppen damit beauftragt damit beauftragt, die zivilgesellschaftliche Gemeinschaft in einen offenen und fuer Alle zugaenglichen Tagungsort einzuladen. C17 uebernahm die Mobilisierung und die Kommunikation waehrend und im Vorfeld des COP17, sowie die Koordination des weltweiten Aktionstages (Global Day of Action) am 3ten Dezember 2011.

Der Weltweilte Aktionstag Global Day Of Action

Am 3ten Dezember 2011, waehrend die COP17 Verhandlungen in vollem Gange waren, trafen sich etwa 12,000 Menschen aus aller Welt zu dem Weltweiten Aktionstag in Durban. Der weltweite Aktionstag gipfelte in einer Massendemonstration lokaler und internationaler Gemeinschaften, Arbeiterschaft, Frauen, Jugendlichen, AkademikerInnen, religioeser und Umwelt-Organisationen. Waehrend die Verhandlungen in den Konferenzhallen weiter gingen, gingen diese Gruppen auf die Strasse, um die gemeinsame Entschlossenheit der Zivilgesellschaft zur Bekaempfung des Klimawandels zu verdeutlichen.

Der weltweite Aktionstag (Global Day of Action , GDA) wurde zu einem traditionallen und bedeutsamen Ereignis innerhalb der COP Treffen der UN Rahmenvereinbarung zum Klimawandel United Nations Framework Convention on Climate Change UNFCCC). Nichtsdestotrotz war die Demonstration durch Durban einzigartig insofren als es Aktiven aus dem gesamten sub-saharan Afrika die Gelegenheit bot zu zeigen, dass es den Menschen in Afrika ebenso wichtig ist, etwas gegen den Klimawandel zu tun wie den Menschen im Norden. Es wurde viel Energie in die Vorbereitungen gesteckt; so wurden gewaltfreie Taktik und Strategien entwickelt und Trainings fuer verschiedene Gemeinschaften durchgefuehrt. Die Methoden gewaltfreien Protests und Ueberzeugung wurden gelehrt und angewendet, ebenso wie Beispiele der vorherigen weltweiten Aktionstag, die die Probleme und die Erfolge bei der Organisation einer solchen Grossveranstaltung zeigten. Die Demonstration gipfelte in der Uebergabe eines Memorandums of Concern (einer Erklaerung der Sorge) an die Beteiligten der UN –Verhandlungen.

Lerato Maragele

Übersetzung: Anne M. Dietrich

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