Die Kampagne “Rettet die Insel Jeju” im Modell von MAP (Aktionsplan für Bewegungen)
Jungmin Choi
Mitglieder von „War Without War“ (Welt ohne Krieg) haben im März des vergangenen Jahres in Zusammenarbeit mit Andreas Speck von der Internationalen der Kriegsgegner eine Fortbildung zum Aufbau einer Bewegung abgehalten. Die Fortbildung nutzte das Modell des „Movement Action Plan“ (MAP, Aktionsplan für Bewegungen), um die Durchführung unserer Kampagne zu überprüfen, speziell in Bezug auf die Aufgabe des vorherigen Plans der Regierung, das Thema eines alternativen Dienstes aufzugreifen. Unsere Kampagne ist seit der Neubildung der gegenwärtigen Regierung zum Erliegen gekommen.
Das MAP wurde von dem US-Aktivisten Bill Moyer entwickelt, um die Phasen und Rollen bei erfolgreichen gewaltfreien sozialen Bewegungen zu erforschen. Er beschrieb die acht Phasen folgendermaßen: 1) Ein kritisches soziales Problem existiert; 2) Bewiesenes Scheitern der offiziellen Institutionen; 3) Bedingungen des Reifens, 4) Abheben; 5) Wahrgenommenes Scheitern; 6) Mehrheitliche öffentliche Meinung; 7) Erfolg; 8) Fortsetzung. In diesen Phasen gibt es vier verschiedene Befürworter-Rollen: BürgerIn, RebellIn, ReformerIn und AgentIn für sozialen Wandel. Soziale Bewegungen sind komplex und folgen nicht immer der genauen Route, die MAP beschreibt, aber ich fand dieses Werkzeug sehr nützlich für uns, als die Mitglieder von „World without War“ sich erschöpft fühlten und oft sagten, wir wüssten nicht, wie wir weitermachen sollten.
Wir haben niemals eine MAP-Ananlyse verwendet, um die Kampagne „Rettet die Insel Jeju“ zu untersuchen, daher ist dieser Artikel meine persönliche Sicht darauf, was diese Kampagne mit MAP zu tun hat.
Wo stehen wir nun mit MAP?
Die Regierung Südkoreas plant seit 1993 den Bau einer Flottenbasis auf der Insel Jeju. Man sagte, dass „Importe und Exporte von Korea südlich der Insel Jeju das Meer passieren, daher müssen wir sie wirksam verteidigen und die Transportroute für Ressourcen sichern.“ 2002 kündigte die Regierung den Bauplan für die neue Flottenbasis im Dorf Hwasoon auf Jeju an, aber verschob ihn aufgrund heftiger Proteste von Bewohnern des Dorfes. Dieser Plan wurde 2005 wieder vorgelegt, aber die Menschen von Hwasoon leisteten wiederum Widerstand. In diesem Sommer wurde statt Hwasoon das Dorf Wimi auf Jeju als neuer Platz für den Bau benannt.
Diesmal wurde der Vorschlag für das Budget – das auf der Voraussetzung beruhte, dass der Bau nur beginnen werde, wenn die Einwohner zustimmten – in der Nationalversammlung beschlossen. Die EinwohnerInnen von Hwasoon und Wimi machten eine Generalversammlung und beschlossen offiziell, sich dem Flottenstützpunkt entgegen zu stellen.
Im Frühjahr 2007 brachte die Dorfversammlung von Gangjeong eine Bewerbung ein, die den Bau des Flottenstützpunktes in Ganjeong erbat. Diese Entscheidung war hauptsächlich das Ergebnis von Manipulation durch den Gouverneur von Jeju, der jede Maßnahme ergriff, um die örtlichen BewohnerInnen für den Bau zu gewinnen. Es war keine Mehrheitsentscheidung. In Wirklichkeit war die Generalversammlung der Dorfvereinigung von Gangjeong zu 94 % gegen den Plan des Flottenstützpunktes. Das entspricht Phase 1 des MAP: Die koreanische Regierung predigte das Bedürfnis für den Flottenstützpunkt auf der Insel Jeju für die nationale Sicherheit, aber die Menschen vor Ort stimmten dem nicht zu.
Die Phase 2 dauerte von 2007 – als die Menschen von Gangjeong begannen, gegen den Plan des Flottenstützpunktes zu agitieren – bis 2009, als Bürgergruppen eine Kampagne ins Leben riefen, um den Gouverneur von Jeju abzuberufen, und ein Referendum mit diesem Ziel abhielten. Bei dieser Kampagne versuchten die Regierung und die Flotte, die Wurzel der Angelegenheit zu verheimlichen: dass Anfang 2009 Pläne zum Bau einer nationalen Militäreinrichtung gutgeheißen worden waren, und dass die Provinzregierung von Jeju einen Vertrag für einen doppelten, zivil-militärischen Hafenbau mit der Flotte und dem Ministerium für Angelegenheiten von Land, Transport und See geschlossen hatte. Viele Bürgergruppen auf Jeju unternahmen es, zu beweisen, diese Institutionen nicht unsere Freunde seien, und im Mai 2009 begannen sie die Kampagne, um den Gouverneur abzuberufen. Am Ende entsprachen die Ergebnisse der Abstimmung nicht den Erwartungen.
Die dritte Phase, „Reifungsbedingungen“, dauerte bis Ende 2011. Zu dieser Zeit geriet die örtliche Bewegung in eine Phase leichter Rezession als Ergebnis der erfolglosen Kampagne zur Abberufung des Gouverneurs. Zur gleichen Zeit zogen Aktivisten vom Festland auf die Insel, um an der Kampagne teilzunehmen und begannen, die Bürgergruppen auf dem Festland zu überzeugen, dass die Kampagne gegen den Flottenstützpunkt nicht beendet war. Ihre Anstrengungen veranlassten im ganzen Land Demonstrationen gegen den Bau des Flottenstützpunktes, und im Mai 2011 wurde das „Nationale Komitee zum Stopp des Flottenstützpunktes auf Jeju“ gegründet. Das Komitee mobilisierte viele Menschen vom gesamten Festland, 2011 nach Gangjeong zu kommen. Es gab eine wachsende Anerkennung der Probleme, als diese UnterstützerInnen persönlich mit den DorfbewohnerInnen von Gangjeong zusammenkamen, mit ihnen redeten und die eindrucksvolle Szenerie von Gangjeong mit ihren eigenen Augen sahen. Das ganze Dorf war überschwemmt von den farbigen Bannern, die in dieser Zeit von Besuchern mitgebracht wurden. Im Dezember 2011 kürzte die Nationalversammlung auch 96 % des Budgets des Flottenstützpunktes von Jeju für 2012; die Bewegung war zu dieser Zeit reif und aktiv.
2012 war die vierte Phase des MAP. Die koreanische Regierung sprengte den Felsen von Gureombi (sowohl eine wichtige Umweltressource als auch ein alter Gebetsplatz) und begann mit dem Bau. Eine große Anzahl von Menschen – KoreanerInnen und Internationale – kamen nach Gangjeong und unternahmen verschiedene direkte Aktionen, um den Bau zu stoppen. Andere unterstützten die Kampagne in bezeichnender und machtvoller Weise. Die Kampagne war auf ihrem Gipfel.
Die fünfte Phase begann Ende 2012, als die konservative Partei die Wahlen zum Präsidentenamt gewann und die Nationalversammlung den Vorschlag für das Budget des Flottenstützpunktes für 2013 beschloss. Die AktivistInnen der Kampagne zur Rettung von Jeju sind in äußerst schwierigen Lagen mit hohen Strafen, insgesamt 300 Mio. Won (etwa 210.000 Euros) und in Haft, wenn ihre Prozesse beginnen. Sie fühlten Frustration, Verzweiflung und Erschöpfung. Die Teilnahme an Veranstaltungen der Bewegung nahm ab, während die Antwort der Regierungsmacht gegenüber den Aktionen an Kraft gewann und das Interesse der Medien abflaute.
Die Kampagne zur Rettung von Jeju ist noch immer in Phase 5. Die schöne Landschaft des Meeresufers von Gangjeong scheint sich Tag für Tag zu verwandeln, da der Bau fortschreitet, und das hat zu einem Gefühl der Hilflosigkeit geführt. Doch werden wir unsere Anstrengungen, aus Jeju eine friedliche Insel zu machen, nicht beenden. Es ist abzusehen, dass weitere Militäranlagen – eingeschlossen ein Stützpunkt der Luftwaffe, ein Raketenstützpunkt und ein Stützpunkt für Marinesoldaten – auf Jeju gebaut werden sollen: Die Pläne der Regierung enden nicht mit einem Flottenstützpunkt. Das wird wahrscheinlich ein Punkt bei den lokalen Wahlen 2014 sein, und wir planen, ein Netzwerk mit Bürgergruppen in Okinawa und Hawaii aufzubauen, die ähnliche Probleme beim Versuch haben, ihre Inseln zu entmilitarisieren.
Rollen verschiedener Gruppen
In jeder Phase haben Aktivisten unzählige Dinge gemacht. Die Rolle von World Without War in der Kampagne war hauptsächlich die des „Rebellen“, besonders in der vierten Phase. Wir haben direkte Aktionen ausgeführt, die halfen, die Sache in den Medien zu verbreiten und im ganzen Land Aufmerksamkeit zu erwecken. World without War wurde Mitglied beim Nationalen Komitee zum Stopp des Flottenstützpunktes Jeju und spielte die Rolle eines „Wandlungsagenten“ im MAP. Wir tun unser Äußerstes, um Menschen zu trainieren und zu mobilisieren. Es gibt drei Hauptagenten bei der Kampagne: Das Nationale Komitee zum Stopp des Flottenstützpunktes Jeju, das Komitee für die ganz Insel Jeju für die Verhinderung von Militärstützpunkten und für die Verwirklichung einer Friedensinsel, und die Dorfvereinigung von Gangjeong. Es gibt die Reformer und den „Agenten des Wandels“ beim MAP und Ziele, gemeinsam langfristige Strategien zu fördern.
Die neue Präsidentin Koreas war immer sehr für den Flottenstützpunkt. Sie hat den Ehrgeiz, die Insel Jeju in ein „zweites Hawaii“ zu verwandeln und wird den Plan weiter vorantreiben. Die neue Regierung argumentiert, dass der Plan nun unumkehrbar ist und dass die Opposition besiegt worden ist. Unsere Aufgabe ist, die Tricks der Inhaber der Macht aufzudecken – zivil-militärischen Doppelhafen, geplanter neuer (militärischer) Flughafen, etc., und alternative Lösungen zu fördern.
World without War plant, in diesem Jahr die Fortbildung zu MAP anderen bürgerschaftlichen Gruppen anzubieten. Taeho Lee, Generalsekretär bei der PSPD (People's Solidarity for Participatory Democracy, Solidarität des Volkes für partizipatorische Demokratie) und Huisun Kim, Leiter des Zentrums für Frieden und Entwaffnung der PSOD, haben mir geholfen, diesen Artikel zu schreiben. Sie gehören zum harten Kern des landesweiten Komitees für den Stopp des Flottenstützpunktes Jeju.
übersetzt von Gerd Büntzly
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