Brüder im Geiste: Intensivierung der NATO-EU-Kooperation

Nicht zuletzt aufgrund der schweren wirtschaftlichen und militärischen Schwierigkeiten der USA sucht der neue US-Präsident Barack Obama den Schulterschluss mit den EU-Verbündeten. Die EU-Staaten sollen im Austausch für ihre machtpolitische Aufwertung die USA stärker militärisch bei der Aufrechterhaltung der westlichen Weltordnung unterstützen.

Erste Anzeichen für ein solches "Burden Sharing" und eine Aufwertung der NATO sind bereits zu erkennen. Schon heute kann die EU für ihre Militäreinsätze im Rahmen des Berlin-Plus-Abkommens auf NATO-Kapazitäten zurückgreifen, wie dies etwa in Bosnien geschieht. Gegenwärtig wird zudem immer ernster darüber debattiert, ein umgekehrtes Verfahren zu etablieren, bei dem die NATO für ihre Kriege Zugriff auf zivile Fähigkeiten der EU erhalten soll ("Berlin-Plus-Reverse"). Die EU-Ratspräsidentschaft, die bis Sommer 2009 die Tschechische Republik innehat, gab zudem die Losung aus, die Verbesserung der Partnerschaft mit der NATO sei eines ihrer Hauptanliegen im Bereich der EU-Militärpolitik. In einem Mitte Februar 2009 mit äußerst knapper Mehrheit verabschiedeten Bericht unter Federführung von Ari Vatanen (EVP, französische Konservative) fordert das Europäische Parlament eine noch engere Zusammenarbeit der EU mit der NATO, u.a. durch den Ausbau permanenter Kooperationsstrukturen. Darüber hinaus will die französische Regierung Frankreich nach über 40jähriger Abwesenheit zum NATO Gipfel im April in Strasbourg, Baden-Baden und Kehl wieder voll in die integrierten militärischen Strukturen der NATO zurückbringen. Im Gegenzug soll Frankreich mit mindestens einem wichtigen Kommandoposten belohnt werden.

Ein weiterer Bereich intensiverer Kooperation betrifft den Irak. Barack Obama beabsichtigt keineswegs einen vollständigen Abzug der US-Truppen. Laut Verteidigungsminister Robert Gates könnten 40.000 US-Soldaten noch „für Jahrzehnte“ das Land besetzt halten. Nicht einmal eine Woche nach Obamas Wahl beschloss deshalb der Europäische Rat, dass die EU-Mission EUJUST LEX ab Mitte 2009 erstmals auch innerhalb des Iraks Beamte ausbilden und damit den USA bei der Besatzung direkter unter die Arme greifen soll. Eine ähnliche Entscheidung fällte die NATO als Ganzes im Dezember 2008. Am wichtigsten ist jedoch die US-Forderung nach einer deutlich größeren Unterstützung des Afghanistan-Krieges. Barack Obama will zusätzlich zu den 55.000 Soldaten vor Ort, bis zu 30.000 weitere entsenden. Gleichzeitig fordert er vehement von den EU-Staaten ebenfalls massive Truppenerhöhungen. Dies ist ebenfalls von Seiten der EU-Staaten gewünscht - so kündigte beispielsweise der deutsche Verteidigungsminister Jung bei der Münchner "Sicherheitskonferenz" an, Deutschland werde mehr Soldaten für die Schnelle Eingreiftruppe (Quick Reaction Force) bereitstellen, die im Norden Afghanistans für die Aufstandsbekämpfung zuständig ist.

So wächst zusammen, was zusammengehört: Die EU und NATO machen immer stärker gemeinsame Sache bei der Planung und Durchführung ihrer Kriege.

Tobias Pflüger, Mitglied des Europaparlamentes

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