Geschichte der Ehrenliste der Gefangenen für den Frieden

Bart Horeman


Für mich als WRI-Aktivist ergeben sich zwei Privilegien daraus, dass ich in den Niederlanden lebe. Eines ist, dass ich mit dem Fahrrad zum Geburtsort der WRI fahren kann. Das andere ist, dass ich leichten Zugang zum Erbe der WRI habe, das im Internationalen Institut für Sozialgeschichte (IISG) in Amsterdam aufbewahrt wird.

Doch wurde ich erst auf diese Vorteile aufmerksam, als unsere Vorsitzende Joanne Sheehan einen Besuch beim IISG plante, und mich bat, sie zu begleiten. Wenn man durch die Archive der WRI geht, wird man sich bewusst, dass wir bereits eine lange Geschichte haben. Ich hatte Einblick in die Papiere zu Gefangenen für den Frieden, und war beeindruckt.

Der 1. Dezember 1956 war der Tag, an dem die WRI zum ersten Mal den Tag der Gefangenen für den Frieden beging. Zu diesem Anlass wurde eine Ehrenliste der Gefangenen für den Frieden veröffentlicht, und alle Mitglieder der WRI-Sektionen wurden aufgerufen, den Gefangenen Postkarten und Briefe zu schicken. Diese grundlegende Idee blieb über die Jahre im wesentlichen gleich. Der einzige Unterschied zu heutigen Liste ist, dass damals die Liste aus Kriegsdienstverweigerern, die inhaftiert waren, und aus denen, die Ersatzdienst leisteten, bestand. Im Laufe der Jahre wurde die Liste mehrmals verändert. Heute enthält sie jede/n, die/der wegen gewaltfreier Aktionen gegen Krieg oder Kriegsvorbereitungen inhaftiert ist.

Die Tatsache, dass die Ehrenliste 1956 begann, bedeutet nicht, dass vor diesem Datum die WRI nichts für inhaftierte FriedensaktivistInnen unternahm. Ich fand in den Unterlagen von der WRI erstellte Listen der Gefangenen für den Frieden, Listen von inhaftierten Kriegsdienstverweigerern oder Kriegsdienstverweigerern in Arbeitslagern, ab 1926. Nur wenige Jahre fehlten, insbesondere die Jahre um den Zweiten Weltkrieg (1940-1946). Seit 1947 gab es jedes Jahr eine Liste.

Doch erst 1956 wurde der 1. Dezember zum Tag der Gefangenen für den Frieden erklärt.

Wie erfolgreich das war und noch ist kann vielleicht daran abgelesen werden, dass 1958 zwei Inhaftierte mehr als 1000 Grüsse erhielten. Ich konnte keine ähnlichen Aufzeichnungen finden, doch ich schätze, dass Osman Murat Ülke diesen Rekord gebrochen haben muss, als er am 1. Dezember 1997 und 1998 inhaftiert war. Zu dieser Zeit war der Einflussbereich der WRI nicht klein.

1961 wurde die Ehrenliste der Gefangenen für den Frieden zum ersten Mal gedruckt. Interessanter ist, dass 1963 zum ersten Mal sechs KDVer aus Jugoslawien auf der Liste standen. Sie sassen Gefängnisstrafen von 6 bis 9 Jahren ab. Wahrscheinlich war das die erste Erwähnung von Gefangenen von ausserhalb der nordatlantischen Hemisphäre, doch es sollten mehr werden. Ein Jahr später, 1964, sehen wir die erste Erwähnung von Gefangenen für den Frieden aus einem Land der Dritten Welt: sieben Inhaftierte aus Pakistan, die Strafen von bis zu 14 Jahren absassen.

In den schlimmsten Jahren des Kalten Krieges begegnen wir den ersten Gefangenen für den Frieden aus Ostdeutschland, Algerien, Griechenland, Spanien, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion. 1983 gibt es zum ersten Mal einen besonderen Schwerpunkt zu inhaftierten Kriegsdienstverweigerern aus Ungarn, und die Ehrenliste der Gefangenen für den Frieden wird von einem Kampagnenpaket begleitet.

Trotzdem, die Ehrenliste der Gefangenen für den Frieden wurde im wesentlichen von westlichen AktivistInnen und Kriegsdienstverweigerern aus Osteuropa gefüllt. Gefangene aus Ländern der Dritten Welt blieben auf der Liste rar. 1971 gab es erneut Gefangene für den Frieden aus Pakistan, zusammen mit jemanden aus Mosambique und glaube es oder nicht einem aus Süd-Vietnam! 1973 gab es jemanden aus Israel, und 1977 jemanden aus Rhodesien.

Wir sehen ausserdem eine interessante Entwicklung in der Betrachtung von Kriegsdienstverweigerern. Ab 1967 wird die Liste unterteilt in inhaftierte KDVer und KDVer, die in Arbeitslagern ihren Ersatzdienst leisten. Zu dieser Zeit sahen einige Leute den Ersatzdienst offensichtlich nicht mehr als Strafe an. Zumindest sahen sie eine Notwendigkeit, zwischen diesen beiden zu unterscheiden. Es ist mir nicht klar, in welchem Jahr entschieden wurde, KDVer, die Ersatzdienst leisteten, von der Liste zu streichen.

Es gab 1974 eine Debatte über die Fortführung der Ehrenliste der Gefangenen für den Frieden. Auch wenn die Liste ernsthaft zur Disposition gestellt wurde, so wurde ihre Erstellung doch fortgesetzt, und das gilt bis heute.

Bart Horeman

(Der Autor ist als Schatzmeister Vorstandsmitglied der War Resisters' International)

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