Aufruf von Belgrader nichtstaatlichen Organisationen

Tief beunruhigt durch die Zerstörung unseres Landes durch die NATO und das Martyrium der Kosovo-AlbanerInnen verlangen wir, VertreterInnen von nichtstaatlichen Organisationen und des Gewerkschaftsbundes "Nezavisnost" (Unabhängigkeit), nachdrücklich und von allen für diese Tragödie Verantwortlichen die sofortige Schaffung einer Basis, um den Friedensprozeß zu erneuern.

Die militärisch, politisch und ökonomisch mächtigsten der Welt töten seit zwei Wochen unablässig Menschen und zerstören nicht nur militärische, sondern auch zivile Objekte, sprengen Brücken, Schienenstränge, Fabriken, Heizkraftwerke, Lagerhäuser und Hafenbecken... Zur selben Zeit sind aus Furcht vor den Bombardierungen und den militärischen Aktionen des Regimes und der UCK Hunderttausende von Kosovo-AlbanerInnen in einem beispiellosen Exodus dazu gezwungen, ihre zerstörten Häuser zu verlassen und durch eine tragische und unsichere Flucht auf Rettung zu hoffen. Es ist offensichtlich, daß dies der Weg in die Katastrophe ist und eine friedliche und faire Lösung des Kosovoproblems durch internationale Vermittlungen, die wir seit Jahren unterstützt haben, ferner denn je ist. Die letzten Aktivitäten unserer Organisationen im Bereich der Demokratisierung, Entwicklung einer Zivilgesellschaft und der Anerkennung der Bundesrepublik Jugoslawien in allen internationalen Institutionen stand unter ständigem Druck und Einschüchterung des serbischen Regimes. Als Mitglieder von Organisationen der Zivilgesellschaft haben wir engagiert und vernünftig gegen den Krieg und nationalistische Propaganda gekämpft, um die Menschenrechte zu unterstützen. Wir betonen, daß wir immer unsere Stimme gegen die Unterdrückung der Kosovo-Albaner erhoben und die Respektierung ihrer Freiheit und Garantien für ihr Leben gefordert haben. Wir haben ebenfalls die Wiederherstellung der Autonomie des Kosovo verlangt. Wir betonen, daß die Institutionen der Zivilgesellschaft die einzigen sind, die in all diesen Jahren die Verbindung und Kooperation zwischen SerbInnen und AlbanerInnen aufrecht erhalten haben. Die Intervention der NATO hat alle Ergebnisse, die wir erreicht hatten, zugrunde gerichtet und das Überleben ziviler Bereiche in Serbien stark gefährdet.

Angesichts der tragischen Situation, in der wir uns selbst befinden, im Namen humanitärer Ideen und Werte, wie auch in Übereinstimmung mit unseren bisherigen Aktivitäten, fordern wir:

  1. den sofortigen Stopp der Bombardierungen und aller bewaffneten Aktionen;
  2. Wiederaufnahme des Friedensprozesses mit internationaler Vermittlung auf regionaler (Balkan) und europäischer Ebene, wie auch im Rahmen der Vereinten Nationen;
  3. Gemeinsame Wahrnehmung der Verantwortung zwischen der Europäischen Union und Rußland und ihrem Beitrag zu einer friedlichen Lösung des Krieges;
  4. Beendigung der ethnischen Säuberungen und die sofortige Rückkehr aller Flüchtlinge;
  5. Unterstützung der BürgerInnen der Bundesrepublik Jugoslawien zum Erhalt von Frieden und Stabilität, zur Lösung der ernsthaften durch die Flüchtlingskatastrophe verursachten Konsequenzen und zur Wiederaufnahme des demokratischen Prozesses, der unterbrochen ist;
  6. eine Informationspolitik der Öffentlichkeit durch serbische und internationale Medien ohne den Krieg anzustacheln, den interethnischen Haß aufzuwiegeln, eine irrationale öffentliche Meinung zu schaffen und die Gewalt als die letzte Erfüllung des menschlichen Geistes zu glorifizieren.

Wir können diese Forderungen nicht von uns aus erfüllen. Wir erwarten Eure Unterstützung für unsere Forderungen und Hilfe zur Umsetzung durch Eure Initiativen und Aktionen.

  • Bürgervereinigung für Demokratie
  • Belgrader Kreis
  • Belgrader Zentrum für Frauenstudien
  • Zentrum für Demokratie und freie Wahlen
  • Zentrum für den Übergang zur Demokratie
  • Initiative der Zivilgesellschaft
  • Ökologisches Zentrum
  • Europäische Bewegung in Serbien
  • Forum für ethnische Beziehungen
  • Gruppe 484
  • Helskinki Komitee für Menschenrechte in Serbien
  • Nezavisnost - Gewerkschaftsbund
  • Die StudentInnenunion von Jugoslawien
  • Union für die Wahrheit über den antifaschistischen Widerstand
  • VIN - Wöchentliche Videonachrichten
  • Frauen in Schwarz Jugoslawisches
  • RechtsanwältInnenkomitee für Menschenrechte

Belgrad, den 6. April 1999

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