Kommentar

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Ellen Elster

Wir in der Friedensbewegung wollen die Welt verändern und einigen Einfluß auf den Lauf der Dinge haben, die unser aller Leben betreffen. Aber wir sind häufig unklar darin, wie wir dies erreichen wollen: wollen wir Änderungen von unten oder von oben erreichen? Wollen wir Einfluß auf einer entscheidungstragenden Ebene oder durch Bewußtseinsbildung auf der Graswurzelebene?

Normalerweise träumen wir von einer Bewegung, die aus der Graswurzelebene entsteht. Ist das nicht, worum es im Programm der WRI zu Gewaltfreiheit und gesellschaftlichem Empowerment geht?

Auf Seite 17 beschreibt Julia Kraft soziales Empowerment als einen Prozeß, in dem Menschen ihre eigene Macht finden, und sie nutzen um ihr eigenes Leben zu formen und den Lauf der Dinge um sie herum zu beeinflussen. Sie üben diese Macht entgegen Unterdrückung und Ausschließung und für Partizipation und Menschenrechte aus. Das Ziel der WRI ist es, Menschen zusammenzubringen, die die Kraft haben, vorherrschenden Ideen in ihrer Gesellschaft entgegenzustehen und Widerstand gegen Krieg zu leisten. Von meinem Teil der Welt, Norwegen, aus, frage ich mich manchmal, ob das mehr Theorie als Wirklichkeit ist, oder zumindest ob da etwas fehlt. Ich gebe Euch ein Beispiel. Vor einigen Jahren sammelte die Kampagne gegen den Bau neuer Gaskraftwerke mehr als 2000 Unterschriften von Menschen, die

sich selbst dazu verpflichteten, Aktionen zu machen und an zivilem Ungehorsam teilzunehmen, wenn es nötig würde. Aber wenn sie gebraucht werden - würden sie dann kommen? Vielleicht ist es unverschämt von mir, ihre Verpflichtung zu hinterfragen. Aber nehmen wir die Erfahrungen aus den Antikriegskampagnen gegen die NATO-Bombardierungen im Kosov@ letztes Frühjahr, wo sich viele Menschen unseren Protesten angeschlossen haben, weil sie was tun wollten. Als es jedoch dazu kam, wirklich direkt etwas zu tun, zogen sich viele Menschen aus der Kampagne zurück - sie schienen Angst davor zu haben zu tief einbezogen zu werden.

Eine Zeit lang habe ich nun die Tendenz der norwegischen NROs (Nichtregierungsorganisationen) beobachtet, "professioneller" zu werden. Das bedeutet, daß sie sich immer mehr an den Autoritäten orientieren um Einfluß auf politische Entscheidungen zu gewinnen, sowohl auf nationaler Ebene (Regierungssystem) als auch international (z.B. über das UN System). Diese Art zu arbeiten braucht viel Zeit und diese Zeit wird auf einer anderen als der Graswurzel- und Freiwilligenebene investiert.

Diesen Weg zu beschreiten kann für NROs, die einen größeren Einfluß auf die Gesellschaft haben wollen, eine Veränderung ihrer Strategien bedeuten. Ist es das, was die WRI damit meint, den Lauf der Dinge zu beeinflussen?
Ellen Elster lebt in Norwegen und ist im internationalen Rat der WRI.

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